Im September 2022 starb die iranische Studentin Mahsa Amini durch die Schläge der Sittenpolizei in Teheran, weil sie angeblich ihr Kopftuch nicht „ordnungsgemäß“ getragen habe. Der Tod der 22-jährigen Frau löste eine beispiellose Protestwelle aus, die sich bald im ganzen Land ausbreitete. Diese Welle wuchs zu einer feministischen Revolution an, die auch von Männern unterstützt wurde.
Mit ihrer neuen Graphic Novel „Frau Leben Freiheit“, die in Frankreich im September zum Jahrestag von Jinâ Mahsa Aminis Tod erschienen ist, bringt Marjane Satrapi eine Hommage an die iranische Protestbewegung und für sich selbst betrachtet, eine raffinierte Form des Protests heraus.
Vor 23 Jahren erschien ihre berühmte autofiktionale Graphic Novel „Persepolis“, die sich mit der Zeit der Islamischen Revolution im Iran beschäftigt.
Bei ihrem aktuellen Werk handelt es sich weniger um eine Graphic Novel als weitmehr um eine Graphic-Aufsatzsammlung. Marjane Satrapi versammelt renommierte Iran-Expert_innen und außergewöhnliche Künstler_innen aus dem Iran, Europa und den USA, um die historischen Ereignisse einzuordnen und zu bezeugen. Sie selbst ist in dem Band nur mit ein paar wenigen Illustrationen vertreten, aber das Cover des Buches stammt von ihr; ansonsten fungiert sie als Herausgeberin und überlässt die Inhalte den Expert_innen und Zeichner_innen. Die tiefe Verbundenheit und Solidarität, die Marjane Satrapi mit ihren iranischen Schwerstern empfindet, zeigt sich bereits darin, dass das Buch online auf Persisch für alle Iraner_innen kostenlos zugänglich ist. Ihre Motive hinter „Frau, Leben, Freiheit“ sind einerseits der Versuch, einer nicht-iranischen Leser_innenschaft zu erklären, was im Iran gerade passiert. Zum anderen soll dieses Buch ein Zeichen für die Iraner_innen sein. Es soll sie daran erinnern, dass sie nicht alleine sind und dass ihnen die westliche Zivilgesellschaft zur Seite steht. Nicht zuletzt ist der Titel „Frau Leben Freiheit“ die deutsche Übersetzung der Parole „Jin, Jiyan, Azadî“ der iranischen Revolution.
Der Comicband zeichnet sich durch seine Vielseitigkeit aus: Von Sachcomic bis hin zu persönlichen Geschichten fügen sich verschiedene Einblicke in die iranische Gesellschaft wie in einem Mosaik zusammen. Dabei ist jede Geschichte ein Kapitel iranischer Protestkultur.