Drei Leben in Afghanistan
Åsne Seierstad, Autorin von „Der Buchhändler aus Kabul“, ist nach zwei Jahrzehnten wieder nach Afghanistan zurückgekehrt. Die neuen Eindrücke nach so langer Zeit und den politischen Umbrüchen gibt sie in „Land der vielen Wahrheiten“ wieder. Sie schafft es, in ihrem erzählenden Sachbuch die kriegsdurchzogene und turbulente Gegegenwart Afghanistans aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten. Dafür hat sie drei Menschen gefunden, die ihre Lebensgeschichte mit ihr geteilt haben, die Seierstad mit großem stilistischen Feingefühl, aber auch mit Details, die auch die Gewalt beschreiben, der die Protagonist_innen ausgesetzt sind, zu einem berührenden Bild zusammengeführt hat.
So erzählt sie von Jamila, die um ihre Schulbildung erkämpfen musste und sich heute noch als gläubige Muslima für Frauenrechte stark macht. Von Baschir, der überzeugt vom so genannten „Heiligen Krieg“ ist und sich schon früh den Taliban angeschlossen hat. Und von Ariana, die die Machtübernahme der Taliban als Kind erlebte und als solches auch zwangsverheiratet wurde und die trotz allem ihr Jurastudium abgeschlossen hat und jetzt hofft, damit die Gesellschaft zu verändern.
Åsne Seierstad erzählt aus Perspektiven, die unvereinbar scheinen, trotz alledem aber neben- und miteinander existieren. Damit gibt sie einen Einblick in die heterogene afghanische Gesellschaft, der einiges an Ambivalenz auslöst. Eine klare Empfehlung!