Warum es wichtig ist, Frauen eine Stimme zu geben
Veranstaltungsbericht von Verena Bauer / Weltgebetstag der Frauen Österreich
Am Freitag, den 19. Mai 2017 luden die Frauen*solidarität und der Weltgebetstag der Frauen Österreich (WGT) zur Veranstaltung „Frauenwelten – Frauenstimmen: Sich Gehör verschaffen“ im Otto-Mauer-Zentrum ein. Elizabeth Cabrera und Rosario Noj Xoyon, vom Bildungsprojekt MIRIAM-Guatemala, die Südwind-Mitarbeiterin Téclaire Ngo-Tam aus Kamerun und Petra Pint, Projektkoordinatorin vom Radioprojekt „Globale Dialoge“, sprachen über ihre Arbeit und wie sie dadurch Frauen eine Stimme geben. Die vier Aktivistinnen erzählten von ihren Lebensrealitäten und sprachen darüber, wie Frauen unterstützt werden können, um ihr Leben zu verbessern. Durch den Abend führte die WGT-Projektreferentin Verena Bauer. Für die Spanischübersetzung sorgte Doris Huber, Gründerin des Projektes MIRIAM in Nicaragua und Geschäftsführerin von MIRIAM-Österreich.
Aktuelle Herausforderungen von Frauen in Guatemala
Hilda Elizabeth Cabrera López ist die Programmkoordinatorin von MIRIAM-Guatemala, einem Bildungsprojekt insbesondere für indigene Frauen, das seit Jahren vom Weltgebetstag der Frauen unterstützt wird. Sie ist Soziologin und war selbst Stipendiatin des Programms. Sie erzählte wie sie mit ihrer Familie 1982 nach Mexiko floh und erst 1996, zur Zeit des Friedensprozesses in Guatemala, zurückkehrte. Waren es früher die Spanier, die auf der Suche nach Gold in ihr Land kamen und den Menschen ihre Kultur und Politik aufzwangen, sind es heute internationale Unternehmen, die Monokulturen anlegen (z.B. Ölpalmen) oder Rohstoffe abbauen, so Cabrera. Verfolgung von Gegner_innen und Landenteignungen seien die Folge. Das System in Guatemala sei patriarchalisch und rassistisch. Die Gewalt sei institutionalisiert und im Denken der Menschen verhaftet. Vor allem für indigene Frauen sei der Zugang zur Gesundheitsversorgung und Bildung schwierig. Trotz des Friedensprozesses wurden diese Probleme nicht gelöst. Die Unterstützung im Bereich der Bildung durch MIRIAM sei deswegen sehr wichtig.
Wie Unterdrückung und Ausgrenzung bekämpft werden können
Das Projekt MIRIAM-Guatemala gibt es bereits seit 20 Jahren und hat sich in den letzten Jahren sehr weiterentwickelt. Rosario Noj Xoyon, Verantwortliche für das Netzwerk der Promotorinnen für Gewaltprävention, erklärte, dass MIRIAM-Guatemala auf vier zentrale Strategien setzt: die formelle Bildung für erwachsene Frauen in Führungspositionen und für junge Frauen bzw. Mädchen mit Gewalterfahrung; politische Bildung, da diese an den Schulen nicht angeboten wird; Unterstützung bei der Bewältigung von traumatischen Gewalterfahrungen und die Umsetzung des Konzeptes Buenvivir / Gutes Leben speziell für Frauen. Die letzte Strategie umfasst vor allem Lobbyarbeit und die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen in Guatemala, um zahlreiche verschiedene Aktivitäten umzusetzen und die Situation von Frauen in Guatemala zu verbessern. Zentral sei dabei die Unterstützung von indigenen Frauen, vor allem der Zugang zu zentralen Entscheidungsfragen und zur Bildung, denn Bildung bedeutet Freiheit!
Was es braucht, um eine Stimme zu erhalten
Téclaire Ngo-Tam hat Kommunikationswissenschaften an der Universität Wien studiert und ist derzeit vor allem im Bildungsbereich von Südwind tätig. Sie sprach darüber, welche Frauen sie in ihrem Leben unterstützt haben, und fing mit ihrer Mutter und Schwester in Kamerun an. Ihrer Meinung nach geht es nicht darum, Frauen eine Stimme zu geben, sondern vor allem um die Umsetzung der Rechte von Frauen. Sie sieht generell einen Rückschritt bei der Umsetzung von Menschenrechten weltweit – also auch bei Männern. Grund dafür seien die ungerechten globalen Machtstrukturen. Für sie sind jene Frauen Heldinnen, welche gegen ungerechte Arbeitsbedingungen ankämpfen und dabei riskieren, ihre Arbeit zu verlieren. Téclaire Ngo-Tam sprach auch über ein Näherinnenprojekt in Kamerun, das sie seit einigen Jahren koordiniert. Es bietet Frauen die Möglichkeit, sich zu Schneiderinnen ausbilden zu lassen und dadurch ein Einkommen zu erzielen.
Frauenstimmen im Radio
Petra Pint koordiniert das Radioprojekt „Globale Dialoge„, eine entwicklungspolitische Sendereihe auf Radio ORANGE 94.0, in der über internationale Frauen*bewegungen, *feministischen Aktivismus und Kulturschaffen von Frauen* berichtet wird. Basis des Projekts sind die „Women on Air“, ein Frauen*redaktionskollektiv in Wien. Es handelt sich dabei um eine offene Redaktionsgruppe, in der Frauen nicht nur journalistische Grundkenntnisse und radiotechnisches Basiswissen erhalten, sondern auch dabei unterstützt werden, ihren Mund aufzumachen und im öffentlichen Raum über Themen zu sprechen, die sie interessieren oder Zustände kritisieren. Die Sendereihe besteht seit 12 Jahren und hat 2015 den Herta-Pammer-Förderpreis erhalten, der alle zwei Jahre für wissenschaftliche und journalistische Arbeiten über Frauen und Entwicklung verliehen wird.
Organisatorinnen der Veranstaltung
Der Weltgebetstag der Frauen ist die größte ökumenische Basisbewegung von Frauen weltweit. Er existiert bereits seit über 100 Jahren. Durch die Kollekten der Weltgebetstagsfeiern unterstützt der WGT Österreich Frauenprojekte weltweit. Die Frauen*solidarität leistet Informations-, Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit zu Frauen weltweit. Sie trägt mit ihrer Arbeit zur Durchsetzung von Frauenrechten bei, fördert den Dialog mit Frauenbewegungen und stärkt durch Vernetzung solidarisches Handeln.
Im Anschluss an die Veranstaltung wurden die Gäste eingeladen, sich die Ausstellung „Frauenblicke“ der WGT-Vorstandsfrau Eva Lochmann anzusehen. Die Ausstellung kann noch bis Ende Juni besichtigt werden.