Unter Wert

warum Care-Arbeit seit Jahrhunderten nicht zählt

In ihrem 2025 erschienenen Buch „Unter Wert“ plädiert Emma Holten für feministische Ökonomie und eine Neudefinition des Wertbegriffs. Sie kritisiert, dass der Wert von Arbeit im aktuellen kapitalistischen System daran gemessen wird, welchen Beitrag sie zum Wirtschaftswachstum leistet.

Holten untersucht, warum manche Tätigkeiten gesellschaftlich höher bewertet werden als andere und woran dieser Wert gemessen wird. Sie entlarvt die weit verbreitete Annahme, dass die wirtschaftlichen Regeln unserer Gesellschaft eindeutig und unverrückbar seien. Ökonomie erscheint uns oft voller feststehender Wahrheiten und Antworten auf nicht nur ökonomische, sondern kulturelle, gesellschaftliche und eben auch Wertefragen, ist jedoch geprägt von widersprüchlichen Debatten und unterschiedlichen Theorien. Aus dieser Perspektive kritisiert Holten die eindimensionale Definition von „Wert“, die hauptsächlich monetär gemessen wird und dabei gesellschaftliche sowie menschliche Aspekte außer Acht lässt. So wird Lohnarbeit höher gewertet als unbezahlte Care-Arbeit.

Die Autorin fordert keine Anpassung der unbezahlten Care-Arbeit an dieses Wertverständnis und lehnt eine Preiszuordnung für diese Tätigkeiten ab. Stattdessen plädiert sie für neue Maßstäbe, die Tätigkeiten unabhängig von kapitalistischen Kriterien bewerten sollen. Abgesehen davon, dass unbezahlte Arbeit indirekt zur Wirtschaft beiträgt, da höher bewertete Positionen auf unbezahlte Reproduktionsarbeit angewiesen sind, erzeugt sie gesellschaftlichen und menschlichen Wert. Holten wünscht sich mehr Anerkennung dieser Aspekte.

Das Buch vereint theoretische Debatten und Überlegungen mit Holten’s eigenen Erfahrungen als Frau in einem patriarchalen System. Die Leseerfahrung ähnelt einem Gespräch mit feministischen Freund_innen. Voll von fundiertem Wissen, das zwischendurch aufgelockert wird durch Erzählungen von persönlichen Erlebnissen und nachvollziehbarer Frustration über die Lage.